Mit dem Herbst und dem nahenden Jahresende rücken für viele Menschen Gesundheitsfragen stärker in den Fokus, auch durch Organisationen und Kampagnen, die den Kampf gegen Brust- bzw. Prostatakrebs oder psychische Probleme wie Depressionen unterstützen. Wir haben dies zum Anlass genommen und 1000 Schweizer*innen aus der Deutsch- und Westschweiz zu ihrem Vorsorgebewusstsein in punkto Gesundheit befragt. Das Ergebnis zeigt, dass Theorie und Praxis insbesondere in der Männervorsorge weiterhin auseinanderklaffen.
Regelmässige Vorsorge – theoretisch «ja», praktisch «naja»
Für die Schweizer*innen ist das Thema Gesundheit regelmässig präsent: 57% denken regelmässig darüber nach. Frauen setzen sich mit 60% etwas häufiger damit auseinander als Männer (54%), aber der Unterschied ist gering. Doch die Umsetzung in die Praxis fällt besonders den Männern schwer: Nur etwa jeder dritte Mann (34% gegenüber 45% der Frauen) geht mindestens einmal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung. 15% der Männer haben diesen Schritt sogar noch nie gewagt. Auffällig ist auch, dass gerade die 40- bis 49-Jährigen im Vergleich zu anderen Altersgruppen besonders zurückhaltend sind: 21% von ihnen haben noch nie eine Vorsorgeuntersuchung wahrgenommen, während es bei den 30- bis 39-Jährigen 17% und bei den 50- bis 59-Jährigen nur 9% sind.
Früherkennung versus Arztbesuch nur bei Beschwerden
Der wichtigste Grund für die Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen ist die Früherkennung von Krankheiten, die mit besseren Heilungschancen verbunden ist (37%). Für 34% der Befragten gilt das Motto «Vorsorgeuntersuchungen können Leben retten». Ebenfalls häufig genannt wird, dass Vorsorge grundsätzlich nie verkehrt ist (32%), und 29% möchten sicher sein, dass sie gesund sind.
Trotz dieser klaren Motive gehen 57% der Schweizer*innen seltener als einmal pro Jahr oder gar nicht zur Vorsorge. Der häufigste Grund dafür ist, dass ein Arzt oder eine Ärztin meist erst bei Beschwerden aufgesucht wird (42%). Fast ein Fünftel (19%) fühlt sich noch zu jung für eine Vorsorgeuntersuchung, ein Argument, das vor allem Männer nennen (21% gegenüber 16% bei den Frauen). Zusätzlich gaben 18% an, dass sie aufgrund ihres guten Gesundheitszustands keine Vorsorgeuntersuchung für nötig halten.
«Am Klischee ‘Männer sind Präventionsmuffel’ ist daher immer noch etwas Wahres dran. Zumindest glauben 66% der befragten Männer selbst, dass Frauen Gesundheitschecks deutlich bzw. etwas häufiger nutzen. Und Einsicht ist ja bekanntlich der erste Schritt zur Besserung», sagt Borislawa Graschew, Senior Research Consultant von Marketagent Schweiz.
Tabuthema Krankheiten?
Besonders wichtig scheint in diesem Zusammenhang die Enttabuisierung von Gesundheitsthemen zu sein. So gibt noch jeder achte Mann (12%) an, im Freundeskreis nie über Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislaufprobleme, Diabetes oder psychische Probleme zu sprechen. Unter den befragten Frauen ist dieser Anteil signifikant niedriger: nur 7% geben an, dass solche Themen im Freundeskreis nie zur Sprache kommen.
Interessanterweise könnten die 20- bis 49-Jährigen hier etwas von den Jüngeren unter 20 lernen: Für diese Altersgruppe sind Themen wie Krebs oder Depressionen längst kein Tabu mehr – 27% sprechen mehrmals pro Monat im Freundeskreis darüber, was in etwa der Häufigkeit entspricht, mit der die 70- bis 74-Jährigen über diese Themen sprechen. Zum Vergleich: Bei den 20- bis 39-Jährigen reden lediglich 14% in diesem Umfang über Krankheiten im Freundeskreis.
Movember
Die Bekanntheit der Movember-Initiative hat noch Potenzial nach oben: Erst ein Viertel der Schweizer*innen kennt diese Aktion, wobei sie in der Westschweiz mit 32% deutlich bekannter ist als in der Deutschschweiz (23%). Diese niedrigere Bekanntheit in der Deutschschweiz könnte auch erklären, warum die Kampagne hier auf weniger Begeisterung stösst - knapp ein Viertel (23%) kann sich kaum oder gar nicht für die Idee erwärmen, im Vergleich zu nur 15% in der Westschweiz.
Trotzdem wird die Idee von Movember, dem Wortspiel aus moustache (deutsch: Schnurrbart) und November, insgesamt von knapp der Hälfte der Schweizer Bevölkerung positiv bewertet. Besonders bei den Unter-40-Jährigen kommt die Kampagne gut an: Rund 60% dieser Altersgruppe finden die Initiative (sehr/eher) gut.